Mittwoch, 25. August 2010

Daumenkinographie

oder "Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt."

Bildquelle: www.daumenkinographie.de
                                                                                                                  
Die Zeiten, als Guckkastenmänner durch die Lande zogen, um den einfachen Leuten für kleines Geld durch die Linsen ihrer Kästen Einblicke in die Welt jenseits ihres bilderarmen, begrenzten Lebensraumes zu gewähren, sind lange vorbei.
Der Künstler Volker Gerling jedoch reist auch heute zu Fuß durch die Lande, um den Menschen "am Straßenrand und über den Gartenzaun", auf "Dorffesten und Märkten" sowie in Kneipen seine Bilder auf einem Bauchladen mit der Beschriftung "Besuchen Sie meine Wanderausstellung" zu präsentieren. Von dem "symbolischen Austritt", den die "Besucher der Ausstellung" in ein untergeschraubtes Honigglas werfen können, bestreitet er seinen Lebensunterhalt während der langen Wanderschaften durch Deutschland.
Seine Kunstwerke scheinen auf den ersten Blick wenig spektakulär: Volker Gerling fotografiert Gesichter. Er belichtet einen ganzen 36er Kleinbildfilm mit einer Motorkamera - 12 Sekunden, die erstaunlich viel über die so portraitierte Person erzählen, indem Gerling die entwickelten Bilder eines Films als faszinierendes Daumenkino präsentiert.
Auf seiner interessanten Homepage www.daumenkinographie.de ist mehr über das Konzept der "Daumenkinographie" zu erfahren - und auch Termine seiner überaus unterhaltsamen Vorträge.

Die Funktionsweise des Daumenkinos entspricht übrigens der des Mutoskops, ein Guckkasten, durch den schon vor dem Aufkommen des Films durch eine Linse "lebende Bilder" zu sehen waren. Durch das Drehen einer Kurbel wurden auf einer Walze befestigte Serienbilder in Bewegung gesetzt. Auf Höhe der Linse befand sich ein Anschlag, der das jeweilige Bild für einen Augenblick anhielt. In der Abfolge der rasch aufeinander folgenden, kurz angehaltenen Bilder entstand der Eindruck eines ablaufenden Films.
Mutoskope wurden von Schaustellern noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gezeigt - nicht selten mit "pikanten" Inhalten.


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Sonntag, 8. August 2010

Sie laufen und laufen und laufen ...

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Indian-Scout vor der Steilwand von Blume (Foto: Nagel)

Letzte Repräsentanten einer alten faszinierenden Jahrmarktstradition, die tatsächlich noch "Schaustellungen" im eigentlichen Wortsinne beinhaltete, sind die drei hierzulande verbliebenen Steilwände. Das Betreiben einer solchen Show ist ein Knochenjob, womit nicht nur die mehrmals am Tag stattfindenden Paraden und waghalsigen Vorstellungen gemeint sind: Die Geschäfte, Hugo Dabberts "Moto-Drom" stammt aus dem Jahre 1928, bestehen aus vielen, zum Teil sehr schweren Einzelteilen und es bereitet viel Arbeit den Holzkessel, die Aufgänge, das Zuschauerpodium und die Fassade mit dem Paradepodium aufzubauen. 
In den Shows sind nach wie vor alte Indian-Motorräder vom Typ "Scout" zu sehen, die sich bei den Steilwandfahrern wegen ihrer Zuverlässigkeit und des niedrig liegenden Schwerpunkts von jeher größter Beliebtheit erfreuen. Die Maschinen wurden ab 1920 gebaut, die verbesserte "Scout 101" 1928-1932. Motorrad-Enthusiasten werden beim Anblick dieser Motorrad-Legenden allerdings nur bedingt ins Schwärmen geraten: Aufgrund harter Beanspruchungen über viele Jahrzehnte sowie zahlreicher "Modifikationen" im Hinblick auf die besonderen Einsatzbedingungen unterscheiden sich diese Maschinen doch sehr von ihrem Originalzustand...
Nicht viel jünger als die Indian-Motorräder ist das Urgestein unter den Steilwandfahrern: Hugo Dabbert, der mittlerweile weit über 70 ist und Dutzende von Knochenbrüchen erlitten hat, begann 1959 und fährt bis heute.

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