Dienstag, 29. November 2011

Das kenn' ich doch ...

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Meine "Verwunderung" war groß, als ich beim Durchblättern eines Bändchens über den Bremer Freimarkt aus dem Jahr 2010 auf einige nur geringfügig veränderte Textpassagen aus "www.schaubuden.de" stieß, die nicht als Zitate kenntlich gemacht sind, die Quelle wird nicht einmal im Quellenverzeichnis aufgeführt.
Folgende Beispiele mögen die kritikwürdige Art der Aneignung z.T. prägnanter fremder Formulierungen - meiner und der von mir zitierten - belegen. Stellen aus "schaubuden.de" sind grün unterlegt, Texte aus Johann-Günther König: Der Bremer Freimarkt. Bremen, Kellner 2010, rot.

Für Illusionsbuden waren gute Rekommandeure, die während der “Parade” mit Kostproben der Vorstellung vor der Schaubude das Publikum anlockten, besonders wichtig. Oftmals hatten die Budenbesitzer diese Rolle selbst inne. Sie geizten nicht mit den phantastischen Übertreibungen und versprachen all das, was die Besucher an Sensationen, Wundern, Exotik, Erotik erwarteten, humorvoll, oft augenzwinkernd (...) - und immer reißerisch. “Die breite Masse wollte dem Zauber der Illusion erliegen bzw. wollte über ihre Einfältigkeit selber lachen können. (...)" (La Speranza 1997, S.50)  (S.41)
Insbesondere für Illusionsbuden waren gute Rekommandeure ein Muss. Oftmals übernahmen die Budenbesitzer diese Rolle selbst und geizten gewiss nicht mit fantastischen Übertreibungen. Kurz, sie versprachen augenzwinkernd und garantiert reißerisch all das, was die Freimarktsgänger an Sensationen, Wundern, Exotik und nicht zuletzt Erotik erwarteten.  Die als stocksteif verschrienen Bremer wollten einmal im Jahr der Illusion erliegen oder über ihre Einfältigkeit einmal selbst lachen können. (S.54f)

Der Jahrmarkt trug durchaus dazu bei, dass breite Bevölkerungsschichten ihr Wissen von der Welt erheblich erweitern konnten. (...), die “anatomischen Kabinette” in den Panoptiken gewährten Einblicke in das Innere des menschlichen Körpers, außerdem zeigten sie neben Wachsbildnissen bekannter Persönlichkeiten allerlei Naturkundliches sowie mitunter auch „hervorragende Erfindungen der Neuzeit“ wie z.B. Röntgenapparate und –bilder. (S.14)
Der Freimarkt trug zweifellos dazu bei, das Wissen von breiten Bevölkerungsschichten zu erweitern. Nicht zuletzt die "anatomischen Kabinette" ermöglichten normalerweise kaum mögliche Einblicke in das Innere des menschlichen Körpers. Hinzu kam die Demonstration von Röntgenapparaten und "anderen "hervorragenden Erfindungen der Neuzeit" mehr. (S.54)

Im weiteren spricht König von "komplett mit allem Zubehör von spezialisierten Herstellern gelieferten"  Spiegelillusionen, mit denen vor allem "der weibliche Körper in Teilen oder oder auch seltsam entfremdet präsentiert wurde" (S.55) - genau meine Worte ... (S.35/ 38)

Die Schaugelüste in diesen prüden Zeiten waren dabei auch erotischer Natur: “Die erotische Faszination der ‘muskelös-sehnigen, schlanken, geschmeidigen Menschen, die fast völlig nackt gingen’, blieb nicht auf Männer beschränkt, auch wenn die überproportionale Besetzung der Völkerschauen mit möglichst ‘ursprünglich’ bekleideten Frauen deutlich auf männliche Bedürfnisse berechnet war. In der Presse wurde aber vor allem immer wieder hervorgehoben, wie die ‘herkulisch-animalischen’ Körper der Neger besonders die ‘Damenwelt’ faszinierten. (...)” (Stephan Oettermann in Kosok/ Jamin 1992, S.96)
 (...) Viele Schaubuden zeigten keine “ungezügelten Wilden”, (...): “Aber sie holten sich dazu keine Afrikaner, das wäre zu teuer. Ihre Arbeitsburschen mußten sich Hände und Gesichter mit Schuhcreme einschmieren, und schon waren die ‘Neger’ fertig!” (Kürschner 1998, S.25f) (S.144)
Wenn auch die überproportionale Besetzung des Völkerschauen mit angeblich "ursprünglich" bekleideten Frauen zweifellos auf die männlichen Bedürfnisse zielte, so waren die erotischen Schaugelüste in jenen prüden Zeiten zugleich auch ein Bedürfnis der Damen, denen Presseberichten zufolge "muskulös-sehnige" bzw. "herkulisch-animalische" Körper der "Neger" zusagten. 
... Allerdings zeigte so manche Schaubude gar keine "ungezügelten Wilden" - denn die Afrikaner waren vielen Schaustellern zu teuer. Sie beschäftigten schlanke Arbeitsburschen, die sich mit Schuhcreme einschmieren mussten. (S.58)

Von Verlagsseite wurde mir mitgeteilt, dass die Angabe im abschließenden Quellenverzeichnis versehentlich nicht aufgenommen wurde und zukünftig ein Aufkleber mit entsprechendem Nachtrag eingeklebt werde. So ein Versehen kann passieren und mit dem Aufkleber wird angemessen reagiert.
Die oben dokumentierte Art der Aneignung fremder Texte durch den "freiberuflichen Autor" und Vorstandsmitglied regionaler Schriftstellerverbände Dr.(!) Johann-Günther König muss in diesem Fall jedoch weiterhin kritisiert werden. Entweder mache ich genaue oder indirekte Zitate entsprechend kenntlich oder ich schreibe meine Texte selbst. 

Auch in anderen Veröffentlichungen wurde sich auf unredliche Weise bei "schaubuden.de" bedient. In den "geringsten" Fällen mit Zitaten, die nicht auf eigener Recherche beruhen, sondern - so übrigens ebenfalls hier - einschließlich der Quellenangaben einfach bei "schaubuden.de" abgeschrieben wurden.