Mittwoch, 14. September 2011

Guck 'mal!

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Detail eines Notentitels um 1910

Das Leben der einfachen Leute war bis weit ins 19. Jahrhundert im Vergleich zu heute von einer ausgesprochenen Bilderarmut geprägt. Einblicke in die Welt außerhalb des begrenzten Lebensraums ermöglichte vor allem der Besuch des Jahrmarktes. So konnte man Guckkastenmann für kleines Geld im wahrsten Wortsinne Einblicke in fremde Länder, große Städte sowie prachtvolle Paläste gewinnen.
Die Kästen verfügten über eine vergrößernde Linse und oftmals über einen Spiegel, der hinter der Linse in einem 45°-Winkel angebracht war. Dies verstärkte die räumliche Wirkung und die die Blätter konnten einfach eingelegt werden.

Guckkastenbild von Amsterdam, Ende 18.Jh., Sammlung Nagel

Die Beleuchtung der Szenerien erfolgte durch Tageslicht oder auch künstliche Lichtquellen im Kasten.
Mitunter ermöglichte eine vor und hinter dem Blatt angebrachte Beleuchtung Tag und Nacht im Wechsel darzustellen. Fensteröffnungen oder Himmelspartien der Guckkastenblätter wurden dazu mit farbigem Transparentpapier hinterlegt, so dass Fenster, Laternen, Gestirne usw. in der Nachtansicht leuchten.
Auch bei der Beleuchtung durch Tageslicht konnte ein Wechsel der Tageszeiten durch einen regulierbaren Lichteinfall simuliert werden. Bei einigen Blättern, den sogenannten Verwandlungs- oder Durchscheinbildern, änderte sich mit dem Wechsel des Lichteinfalls die Szenerie noch weitgehender.

Im Verlauf des 19. Jahrhundert waren die umherziehenden Guckkastenmänner immer seltener anzutreffen. Auf den Jahrmärkten kamen Kleinpanoramen auf, in denen Bilder bzw. Dioramen ebenfalls durch Linsen betrachtet werden konnten. Die eigentlichen Guckkästen hielten sich noch recht lange Zeit im Miniaturformat vor allem zur Kinderunterhaltung.


Foto Nagel
Mit den seit den 1950er Jahren produzierten "Plastiskopen" konnte sich eine Art Miniaturguckkasten bis in die Gegenwart retten. Diese kleinen bunten Bildbetrachter, bezeichnenderweise zumeist in der Form von Fernsehern, waren bis in die 70er beliebte Urlaubs-Souvenirs. Durch eine kleine Vergrößerungslinse können Serien von einigen wenigen Bildern betrachtet werden.
Oft handelt es sich bei diesen Miniatur-Dias, die durch Knopfdruck weitertransportiert werden, um stark nachkolorierte Photographien ausgesucht idyllischer, sonnenbeschienener Motive. Als Kind waren diese Mitbringsel für mich von ganz besonderem Reiz; zeigten sie doch die mehr oder weniger fernen Reiseziele in einem ganz besonderen Licht - und überaus farbenprächtig. Heute bewirken die alten Bildserien zudem einen sehr reizvollen, fast verklärenden Blick auf die 50er und 60er Jahre.



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