In vielen der phantastischen Filme Terry Gilliams wimmelt es von skurrilen Gestalten. So auch in "Das Kabinett des Dr. Parnassus" von 2009, wobei dieses Kabinett äußerlich eine Mischung aus barocker Wanderbühne und Schaubude darstellt.
Die Affinität zu den Schaubuden-Freaks lässt sich auch biographisch erklären. Als Heranwachsender half Terry Gilliam einmal in einer Freakshow aus. Seine Erinnerungen daran geben auch einen interessanten Einblick in die eigenwillige Erzählweise dieses großen Filmemachers:
"Es war nur für einen Tag: Ich half beim Zeltaufbau für das Monstrositätenkabinett. Die Zirkuswelt - vor allem die Schaubuden - hatte mich schon immer begeistert, und ich ar fasziniert von den außergewöhnlichen Körpern, die die Natur vor allem in den geheimnisvollsten und ungezähmtesten Teilen der Erde hervorbringt: Gummimenschen aus Borneo, Kongobewohner, halb Mensch, halb Krokodil, Spitzköpfe aus Siam - oder Sealo, der Seehundjunge aus der Arktis. Auf den Plakaten wirkten sie exotisch, sexy und erschreckend, und an jenem Tag blickte ich erstmals hinter die Kulissen. Dort herrschte keinerlei Magie, alles war höchst profan - nach dem Aufstellen des Zeltes konnte ich durchs Lager streifen, bevor die Zuschauer kamen, und die seltsamen Gestalten treffen, die sich als Freaks ihr Geld verdienten. Zwar sahen sie nicht normal aus, aber sie verhielten sich zu meiner Enttäuschung völlig langweilig, spielten Karten, wuschen ihre Wäsche, rauchten, schimpften über das Wetter - genau wie die normalen Leute, mit denen ich tagtäglich zu tun hatte. Sie waren überhaupt nicht wie die faszinierenden, bizarren, magischen Monster auf den Plakaten. Ich war verwirrt - ich sehnte mich verzweifelt nach Exotik, war aber auch erleichtert, dass Menschsein und Normalität wohl doch die Welt regierten. Seitdem bin ich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, auf dem fliegenden Teppich des Außergewöhnlichen aufzusteigen und ihn gleichzeitig zu entmystifizieren und in die banale Welt zurückzuholen."(Terry Gilliam in Python über Python. Die Autobiografie von Monty Python. Dt. Köln 2004, S.60f)
"Es war nur für einen Tag: Ich half beim Zeltaufbau für das Monstrositätenkabinett. Die Zirkuswelt - vor allem die Schaubuden - hatte mich schon immer begeistert, und ich ar fasziniert von den außergewöhnlichen Körpern, die die Natur vor allem in den geheimnisvollsten und ungezähmtesten Teilen der Erde hervorbringt: Gummimenschen aus Borneo, Kongobewohner, halb Mensch, halb Krokodil, Spitzköpfe aus Siam - oder Sealo, der Seehundjunge aus der Arktis. Auf den Plakaten wirkten sie exotisch, sexy und erschreckend, und an jenem Tag blickte ich erstmals hinter die Kulissen. Dort herrschte keinerlei Magie, alles war höchst profan - nach dem Aufstellen des Zeltes konnte ich durchs Lager streifen, bevor die Zuschauer kamen, und die seltsamen Gestalten treffen, die sich als Freaks ihr Geld verdienten. Zwar sahen sie nicht normal aus, aber sie verhielten sich zu meiner Enttäuschung völlig langweilig, spielten Karten, wuschen ihre Wäsche, rauchten, schimpften über das Wetter - genau wie die normalen Leute, mit denen ich tagtäglich zu tun hatte. Sie waren überhaupt nicht wie die faszinierenden, bizarren, magischen Monster auf den Plakaten. Ich war verwirrt - ich sehnte mich verzweifelt nach Exotik, war aber auch erleichtert, dass Menschsein und Normalität wohl doch die Welt regierten. Seitdem bin ich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, auf dem fliegenden Teppich des Außergewöhnlichen aufzusteigen und ihn gleichzeitig zu entmystifizieren und in die banale Welt zurückzuholen."(Terry Gilliam in Python über Python. Die Autobiografie von Monty Python. Dt. Köln 2004, S.60f)
Detail einer alten Postkarte, Sammlung Nagel |
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